Liebe Ladies,
das Thema Networking und vor allem Business Networking ist für viele Frauen immer noch unangenehm, als Begriff störend oder befremdlich und manchmal auch vermeintlich irrelevant. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir sehr gute Netzwerkerinnen sind; insbesondere wenn es um privates und operatives Netzwerken geht. Privat sind wir zumeist die absoluten Organisations-Cracks in unserem; mindestens aus der Sicht fast aller Männer. Operativ sind wir besonders aufgrund unserer – wie ich finde – hohen Empathie- und Kommunikationsfähigkeit, erfolgreich in der Lage, unseren Job / Tätigkeit etc. mit Bestleistung und hohem Engagement gut zu meistern. Häufig bekommen wir von unseren Vorgesetzten, unseren Kunden und unseren Kollegen, offiziell bescheinigt, dass wir eine gute zuverlässige Leistung absolvieren (und entschuldigt mich, dass ich jetzt bewusst die männliche Form gewählt habe). Keine Angst. Ich werde nicht alle Gender-Stereotypen hier aufrufen, zumal das Thema Gendervergleich bei unseren Frauenwelten bereits schon länger nicht mehr die tragende Rolle spielt; stattdessen das Thema Ressourcen und Qualitäten von uns Frauen.
Das Thema Business Networking und besonders das Thema Strategisches Business Networking sind allerdings aus meiner Sicht nicht die größten oder offensichtlichsten Stärken von uns Frauen. Vor allem wenn man bedenkt, dass es bei diesem Thema vor allem um zielgerichtetes und zukunftsorientiertes Netzwerken handelt. Wie häufig saß ich auf der Coach nach einem anstrengenden Arbeitstag oder quälte mich zu Firmenveranstaltungen um Small Talk zu (auszu)HALTEN, während mein Mann voller Eifer auf jede mögliche Veranstaltung rannte; stets mit den Visitenkarten in der Hand und zurückkommend mit noch mehr Visitenkarten in der Business-Tasche. Am nächsten Tag wurden alle Visitenkarten eifrig mit wichtigen Kontaktinformationen beschriftet, möglichst noch via APP smart eingescannt und mindestens nach 3 Tagen ein Follow Up eingefädelt. Selbstverständlich unterteilt nach 3 Stapeln. Vielleicht wichtig. Besonders wichtig. Und sehr, sehr wichtig. Phänomenal, wen mein Mann alles mittlerweile in Deutschland und der Welt kennt; und wer alles ihn kennt.
In den letzten Jahren habe ich mich von der Couch aufgerafft und war ebenfalls fleißig. Ich habe nicht jede, aber viele Netzwerk-Veranstaltungen besucht. Zum Vortasten wagte ich mich erst einmal an die Frauennetzwerke ran. Hier war ich unter Gleichgesinnten, konnte das Terrain sicher abschätzen und die typischen, weiblichen Smart Talks souverän führen. Nun besuche ich besonders gerne gemischte und sogar reine Männer-Netzwerke, um zu lernen, auszuprobieren, als Frau selbst zu wirken und offen, dennoch zielgerichtet in das (Experimentier-) Feld reinzugehen. Mittlerweile kann ich charmant und interessiert Small Talk führen, kenne meinen „Elevator Pitch“ (also meine 3 berühmten Sätze, wer ich denn bin), kann diesen je nach Gesprächspartner adaptieren und suche immer nach Gemeinsamkeiten. Ab und zu gelingt es mir auch gut, eine abschließende Gesprächsbrücke zu bauen, um ein mögliches Folgetreffen zu vereinbaren. Und dennoch kenne ich meine berühmten inneren Monologe und Dialoge, die mich regelmäßig vor solchen Veranstaltungen begleiten; z.B: „Die anderen haben mehr zu bieten“, „Hier sind überhaupt keine spannenden Leute“, oder „Heute habe ich eigentlich keine Lust und würde lieber auf der Couch liegen“. Heute erlebe ich, dass ich nach jeder Veranstaltung oftmals begeistert, bereichert und stolz nach Hause tingel und AUCH Follow Ups direkt vereinbare.
Vermeintlich einfacher ist dafür das Networken über soziale Medien. Es geht schnell und man braucht häufig nur einen Satz oder einen Klick, um mit jemanden in Kontakt zu treten. Ladies, damit ist es leider nie getan. Denn Networking entsteht durch Kontaktaufnahme, persönliche „Touch Points“, dem „Vor“-Schenken von Wissen und eigenen Kontakten, sowie im guten Vertrauen, eine gemeinsame Interessen-Beziehung aufzubauen. Dabei darf man niemals erwarten, dass man 100% Etwas für das eigene Zeitinvestment zurückbekommt. Häufig und wenn man zarte Beziehungen strategisch gestaltet, können daraus wertvolle Kontakte für die (unplanbare) Zukunft entstehen.
Ein langes Plädoyer meinerseits. Das alles trieb mich herum, als wir dieses Thema als MUST für unsere FrauenWelten eingeplanten.
Auf der jährlichen Maiwanderung mit unseren guten Freunden an der schönen Bergstraße beschäftigte mich Networking sehr. Für Vera Schrader (langjährige Freundin, gut vernetzt, vertriebsstark, charmant und Investmentbankerin – in dieser Reihenfolge) ist Networking und das Knüpfen von strategischen Kontakten in ihrem gesamten Berufsleben nicht wegzudenken; daher war ich überglücklich, dass sie als potentielle Gastrednerin sofort zugesagt hatte.
In mehreren, gemütlichen Abendstunden beim Griechen um die Ecke hatten wir den Vortrag schnell gestaltet; und Vera reicherte das Thema mit unglaublich vielen persönlichen Stories und zahlreichen hilfreichen Übungen an.
Unsere FrauenWelten am 12. Juni starteten locker in einer bunten Runde von ca. 20 Frauen, rosa-Prickelsekt, Norah Jones-Musik, und vielen angeregten Unterhaltungen: „Kennen wir uns schon?“, „Was machst du?“, „Bist du das erste Mal hier?“. Der erste gute Schritt zur Kontaktaufnahme! Nach einer kurzen Intro führte Vera uns direkt in die erste Kleingruppenübung ein. Der berühmte Elevator Pitch; wenngleich Pitch aus Vera’s Sicht nicht das geeignete Wort ist. Denn es geht keinesfalls darum, sich anzuwerben oder bei einem möglichen interessanten Kontakt mit der Tür ins Haus zu fallen. In Gruppen von 3 bis 4 Ladies überlegten wir uns in Kürze, wie wir uns auf einer Veranstaltung o.ä. beruflich vorstellen können; um Interesse zu erzeugen, ins Gespräch zu kommen und damit sichtbar zu werden.
Vera‘s aufgezeichneter Baum verdeutlicht noch einmal stark die Bedeutung der Kontaktaufnahme. Sichtbarkeit (Krone) macht 60% aus und Inhalte nur 30% (Wurzeln), um in Erinnerung zu bleiben. Anders gesagt: nach einer Netzwerkveranstaltung werden sich die meisten nicht mehr an die Details der Gespräche erinnern können; sondern vor allem an die Personen, die man irgendwie spannend oder bereichernd empfand. Das gleiche passiert übrigens häufig auch beim Thema „Beförderung“ – inhaltliche Leistung wird nicht zwangsläufig honoriert. Beim Thema beruflicher Erfolg gibt es immer noch eine Faust-Formel: 10% Wissen + Kompetenz / 30% Auftreten + Wirkung / 60% Beziehungen + Sichtbarkeit! Ladies – ab ins Feld!
Der zweite Teil des Vortrags beschäftigte sich vor allem mit der Frage, welche Arten es an Netzwerken gibt und welche tatsächlich erfolgreich sind. Wichtige Empfehlungen von Vera sind:
- Ein Netzwerk ist die Summe der konstruktiven Beziehungen, die ein Mensch eine Gruppe oder ein Unternehmen hat
- Netzwerke sind keine Seilschaften oder „Klüngel“ (wie Vera als Kölnerin sagen würde)
- Es geht um Geben und Nehmen (in dieser Reihenfolge)
- Kontakte nicht gleich Beziehungen nicht gleich Freundschaften
- Netzwerke brauchen Zeit, bis sie sich rentieren und erfordern eigenes Zeitinvestment; also sind Arbeit
- Klasse vor Masse
Um unsere eigenen existierenden Netzwerke zu prüfen, haben wir in einer selbst reflektierenden Übung (siehe Anhang) unsere Netzwerke in persönlich (vertraute Kontakte), operativ (enge berufliche Kontakte) und strategisch (zukünftige, erfolgskritische Kontakte) eingeteilt. Auf Nachfrage von Vera stellten wir fest, dass wir unsere strategischen Kontakte auf jede Fall ausbauen können und insgesamt alle Kontakte gar nicht so zahlreich sind, wie wir immer glauben.
Der dritte Teil von Vera’s Vortrag beschäftigte sich v.a. mit der Frage, wie Netzwerke funktionieren und was mögliche Stolperfallen beim aktiven Networking sind. Fragen mit vielen praktischen Geschichten wurden beantwortet: Wie bauen ich ein qualitatives Netzwerk auf? Wie kann ich Strukturen nutzen? Wie definiere ich meine Ziele beim Networking? Wie trete ich richtig auf? Und wie pflege ich meine Kontakte im Nachgang?
Lehrreiche Aussagen waren u.a.:
- „Kuscheln“ mit Gleichgesinnten im homogenen Netzwerk bringt kurzfristig schnelle Unterstützung, langfristig fehlt der „frischer Wind“
- Bekanntheit in der „Szene“ niemals unterschätzen und immer fragen: Wer kennt mich? Wen kenne ich? Was kann ich?
- Mit-der-Tür-ins-Haus-Fallen schreckt ab und überfordert. Habe doch erst einmal Spaß!
- Nicht aus jedem Kontakt zeigt sich ein zielorientierter Nutzen und wie wichtig ist es, sich zumindest für das „nette Gespräch“ zu bedanken
- Kein Big Talk ohne Small (SMART) Talk. Jede Kontaktanbahnung braucht eine Aufwärmphase, eine angenehme Atmosphäre, eine persönliche Note. Netzwerken heißt, Gemeinsamkeiten zu entdecken!
- Offenheit niemals mit Offenherzigkeit verwechseln!
- Beim Networking sind wir unser eigener Personal Brand – bleibt authentisch!
Als finale Übung haben wir in Kleingruppen unsere Inneren Monologe und Dialoge formuliert und mit der Gesamtgruppe entkräftende MUT-Phrasen formuliert. Typische Gedanken in unserer Gruppe waren: „Bin ich interessant genug?“, „Die anderen kennen bestimmt schon alle?“, „Die lassen mich bestimmt nicht mitspielen?
Vera hat es gerockt!
Viel Wissen, Erfahrung und Meinung zu diesem Thema, lockere Sprüche mit vielen unterhaltsamen Anekdoten, eine logische Führung durch das vielseitige Thema sowie nützliche Übungen zum Nachwirken. DANKE Vera.
Wer übrigens noch mehr zu diesem Thema erfahren, lesen, ausprobieren möchte – hier gibt es das spannende Organisations- und Übungs-Format „Working out Loud“ (John Stepper; http://workingoutloud.com/circle-guides/ ) . Tolle Fotos von unserem Event findet Ihr auf unserer Homepage (www.frauenwelten-frankfurt.de)
Wer Lust hat praktisch zu Netzwerken – ist herzlich eingeladen am 7. August zur Female Founders Edition (Co-Work & Play; https://www.co-work-play.de/event/gruender-berichten-vol-7-female-founders-edition/).
Hui – geschafft. Weitere Updates, u.a. zu unseren nächsten FrauenWelten am 1. Juli mit der fantastischen Britta Latendorf folgen in Kürze.
Cheers und geht raus ins Feld!
Experimentiert und habt Spaß dabei!
Lena und Arnika